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12.09.2020

Entwicklungen im Rettungsdienst sind nicht akzeptabel

Von Klaus Schmiederer

Aktuelles Rettungsdienstgesetz schwächt ländlichen Raum

In den vergangenen Tagen wurden die Maßnahmen für die Verbesserung der
hauptamtlichen rettungsdienstlichen Versorgung im Ortenaukreis kommuniziert.
Diese begrüßt der CDU Ortsverband und die Gemeinderatsfraktion für den
Ortenaukreis insgesamt, jedoch sehen wir die Auswirkungen und eine spürbare
Verbesserung für das Obere Renchtal als weiterhin nicht gegeben.

Es erfolgt lediglich eine Stärkung der Bestandswachen in einwohnerstarken Kommunen des Landkreises – mit einer planerisch besseren Verfügbarkeit der Rettungswache Oberkirch als Ergebnis für das Renchtal.

Ein avisierter Aufbau der Luftrettung kann darüber hinaus frühestens in 3-5 Jahren erfolgen, auch hier ist die Auswirkung auf die Hilfsfristen in der anspruchsvollen Topographie unserer Schwarzwaldlandschaft – es werden weiterhin vermutlich bodengebundene Zubringerfahrzeuge benötigt – nicht abschätzbar.

Laut der von der Landesregierung jährlich herausgegebenen Übersicht der
Hilfsfristerreichung in den Rettungsdienstbereichen von Baden-Württemberg erreicht der Rettungsdienstbereich Ortenau lediglich eine Hilfsfrist von 91,2 % für das ersteintreffende Rettungsmittel (Rettungswagen oder Notarzt, Zahlen für 2018), die Kennziffer für das Jahr 2019 liegt mit 90,9% nochmals schlechter.

Gesetzliches Ziel ist es jedoch 95% der Gesamteinsätze im Ortenaukreis in nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten, zu erreichen.

Wie wir vernehmen liegt der Wert für Oppenau und Tal einwärts für Bad Peterstal-
Griesbach weiterhin sogar dramatisch unter diesem Durchschnittswert des Kreises. Dies ist auch weiter nicht verwunderlich, denn faktisch gibt es für beide
Gemarkungsflächen aktuell kein stationiertes Rettungsfahrzeug das eine Abdeckung innerhalb der Hilfsfrist von 10 – 15 Minuten ermöglicht.

Durch die nun angedachten Maßnahmen im Ortenaukreis kann unter den jetzigen Rahmenbedingungen auch weiterhin die gesetzliche Hilfsfrist im Oberen Renchtal nicht erreicht werden.

Die hiesigen Bürgerinnen und Bürger haben damit eine deutliche und planerisch
sogar akzeptierte schlechtere Notfallversorgung als die der größeren Gemeinden und Städte, etwa Offenburg. Dies ist im Sinne der notwendigen gleichwertigen
Lebensverhältnisse von Stadt und Land sowie der Gleichstellung des ländlichen
Raumes mit den Ballungszentren nicht weiter hinnehmbar.

Ohne das ehrenamtliche, durch die Kommunen bezuschusste Helfer-vor-Ort-System und die große Spendenbereitschaft der Bevölkerung hierfür, wäre der Zustand noch unerträglicher und in vielen Fällen lebensbedrohlich. Wir können diesen unverantwortlichen Zustand, die alleinige Abwälzung der Einhaltung der Hilfsfristen auf das Ehrenamt, nicht weiter hinnehmen.

Bezüglich diesem anhaltenden Missstand hat die CDU Oppenau aktuell den
Landtagsabgeordneten Volker Schebesta um dringende Mithilfe gebeten, der auch
bereits in Kontakt zum zuständigen Innenministerium steht.

Die geplante Schließung des Krankenhaus Oberkirch im Zuge der Agenda 2030 des Ortenaukreises wird die Schlechterstellung der Bürgerschaft im mittleren und oberen Renchtal bei der Gesundheits- und Notfallversorgung noch einmal verschärfen, auch wenn diese Entwicklung nicht mit den getroffenen Entscheidungen im Rettungsdienst in der Gesetzgebung einhergeht. Trotzdem gehören diese beiden Komponenten, im logischen Sicherheitsempfinden der Bürger, zusammen.

Es ist uns ein Anliegen zu erfahren, ob geplante Verbesserungen bei der Einhaltung der Hilfsfristen im gesamten Rettungsbezirk Ortenaukreis, unter bewusster kostensparender Inkaufnahme der Schlechterstellung der beiden Gemeinden, durchgeführt werden: Zum Beispiel durch die isolierte Stärkung bestehender Rettungswachen in einwohnerstarken Bereichen – in Unerreichbarkeit unserer Gemarkungen. Es kann und darf nicht sein, dass bei einer parallelen Neuordnung der Kliniklandschaft und einem planerischen Ansatz im Rettungsdienst Gesamtgemeinden im ländlichen Raum komplett „durch das Versorgungsraster“ fallen.

Aus unserer Sicht gibt es im mittleren und oberen Renchtal mehrere geographische und demographische Besonderheiten, die für eine zusätzliche Rettungswache, z. B. in Oppenau-Ramsbach, gegebenenfalls auch als Sonderfall über den Bereichsplan hinaus, sprechen:

- Es gibt in der jetzigen und auch angedachten Planung kein bodengebundenes
Rettungsfahrzeug das die beiden Gemarkungen inklusive der Ortsteile
innerhalb der Hilfsfrist abdecken kann

- In Oppenau und Bad Peterstal-Griesbach zählen wir neben der einheimischen
Bevölkerung jährlich über 250.000 Übernachtungen und unzählige
Tagestouristen bis in die Höhenlagen (z. B. Buchkopfturm)

- Laut Pressemitteilung des Umweltministeriums – beide Gemeinden sind
unmittelbares Mitglied in der Nationalparkregion und deren Verkehrsflüsse –
waren alleine im ersten Halbjahr 2020 ca. 100.000 Menschen mehr im
Nationalpark zu Gast als im Vorjahreszeitraum

- Das neue Nationalpark-Besucherzentrum am Ruhestein wird weitere
Verkehrs- und Tourismusströme in und über das Renchtal bewirken

- Beide Gemeinden haben Anbindung zur Schwarzwaldhochstraße und
beheimaten bekanntermaßen unfallträchtige Motorradstrecken (z. B.
Oppenau-Lierbach oder auch die Oppenauer Steige), in den Außenbereichen
befinden sich mehrere Paragliding-Startplätze

- Der strategische Fokus auf die Luftrettung bewirkt in der gebirgigen
Topographie, gerade auch in Bezug auf die Unfallschwerpunkte, ohne
entsprechend schnell zur Verfügung stehende Zubringerfahrzeuge aus
unserer Sicht keine nennenswerte Verbesserung

- In beiden Gemeinden gibt es in Bezug auf die Gemeindegrößen eine
ausgeprägte Struktur an Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit einer aus
der Sache heraus vorherrschenden älteren Bevölkerungsschicht

- In Oppenau verbleibt mit der Gemeinschaftsschule ein zukunftsfähiger
weiterführender Schulstandort mit einem Einzugsgebiet an Schülern aus dem
gesamten Renchtal und darüber hinaus (z. B. Nordrach und Zell a. H.)

- Eine sehr ausgeprägte Vereinsstruktur mit einer Vielfalt an Wettkämpfen im
Einzel- und Mannschaftssport prägen unsere Raumschaft

- Ein Bekanntwerden der derzeitigen Lage der Notfallversorgung (z. B. aufgrund
eines hoffentlich nicht eintretenden medienwirksamen Einzelfalls) könnte zu
einem Imageschaden führen, welcher sowohl den Tourismus als auch die
Attraktivität der ganzen Region in Mitleidenschaft ziehen würde.

Es ist uns bewusst, dass die Hilfsfrist nach dem geltenden Rettungsdienstgesetz im Durchschnitt sogar eingehalten wäre, wenn in den dünn besiedelten Landkreisteilen überhaupt kein Rettungswagen mehr fahren würde, aber in den Großen Kreisstädten mit vielen Einwohnern der Notarzt in über 95 % der Fälle rechtzeitig am Ort des Notfalls ist. Es kann aber nicht richtig sein, dass ein Menschenleben in Oppenau weniger zählt als in Offenburg!

Im Zuge einer möglichen Änderung des Rettungsdienstgesetzes für Baden-
Württemberg wäre mindestens eine Übernahme der bayerischen Regelung in
Erwägung zu ziehen. Nach dem dortigen Rettungsdienstgesetz muss von der
nächsten Rettungswache der Notfall in der Regel spätestens nach 12 Minuten
erreichbar sein.

Die konkreten Regelungen sind im Internet unter folgendem Link abrufbar:
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayAVRDG/true

Würde diese Verordnung in Baden-Württemberg gelten, so wäre beispielsweise die Rettungswache in Oberkirch für Oppenau und Bad Peterstal-Griesbach nicht mehr ausreichend, da die Oppenauer Ortsteile Lierbach, Maisach sowie Ibach und Bad Peterstal-Griesbach nur von Ramsbach aus in 12 Minuten erreichbar wären.